Eine Sanduhr auf einem Büro-Schreibtisch. Die Hälfte der Zeit ist bereits verstrichen.

Viel Zeit bleibt nicht mehr, um Barrierefreiheit rechtzeitig im Unternehmen zu etablieren (Bild erstellt mit Stable Diffusion)

Am 28. Juni 2025 wird mit dem Barriere­freiheits­stärkung­sgesetz (BFSG) eine barrierefreie Umsetzung von digitalen Angeboten für die meisten deutschen Unternehmen rechtlich verpflichtend. So richtig scheint diese Information allerdings noch nicht in der Wirtschaft angekommen zu sein, denn ich sehe nach wie vor Produktteams, in denen Barrierefreiheit entweder gar kein Thema ist oder das Thema ist bekannt, aber das übergreifende Commitment oder die Umsetzungskompetenz fehlt.

Aktuelle Pressemeldungen bestätigen mein Empfinden: So zeigt der diesjährige Test zur Barrierefreiheit deutscher Online-Shops der Aktion Mensch und Google, dass 80 Prozent der getesteten Online-Shops nicht barrierefrei waren. Das Handelsblatt meldet, dass in einer aktuellen Untersuchung von Accenture sogar knapp 90 Prozent der Webseiten deutscher Unternehmen nicht barrierefrei waren. Das sind ernüchternde Zahlen.


Ist Besserung in Sicht?

Ich habe die Vermutung, dass die nächste Zeit ähnlich ablaufen wird wie 2018 beim Inkrafttreten der DSGVO:

  • bis zum nächsten Sommer wird das Thema höchstens in Fachkreisen besprochen
  • kurz vor der Einführung greifen es erste Medien auf
  • Entscheider:innen in Unternehmen nehmen dann erstmals davon Notiz und priorisieren das Thema (hoffentlich) hoch ein
  • Es folgt eine Phase des Aktionismus, aber man muss feststellen, dass im Unternehmen die Fachkompetenz und auch das Interesse fehlt
  • das Hiring beginnt, da nun aber alle Firmen gleichzeitig auf diese Idee gekommen sind, gibt es längst nicht genug Fachkräfte, um den Bedarf zu decken
  • irgendwann ist die Kompetenz dann da und man stellt fest, das dass eigene Produkt über alle Ebenen hinweg derart mit Barrieren durchzogen ist, dass zur Behebung ein Aufwand von mehreren Quartalen oder gleich ein komplettes Redesign notwendig wird

So muss es aber nicht laufen!

Wer das Thema Barrierefreiheit bereits jetzt auf dem Schirm und in der Unternehmenskultur und seinen Prozessen verankert hat, kann dem nächsten Sommer entspannt entgegenblicken. Mal ganz davon abgesehen, dass man natürlich auch eine größere Gruppe potentieller Kund:innen erreicht.


Wie stelle ich fest, ob mein Unternehmen bereit ist?

Dazu können Sie sich z.B. folgende Fragen stellen:

  • Ist Barrierefreiheit Teil der Product Roadmap?
  • Beinhalten meine Personas Menschen mit Einschränkungen?
  • Ist eine barrierefreie Umsetzung Teil der Definition of Done?
  • Ist das Design Team ausgebildet und befähigt, ein Produkt barrierefrei zu gestalten?
  • Ist das Entwicklungsteam in der Lage, ein Produkt barrierefrei umzusetzen (z.B. nach WCAG)?
  • Werden automatisierte Tests auf Barrierefreiheit durchgeführt?
  • Werden regelmäßig User Tests mit Menschen mit Einschränkungen durchgeführt?

Wenn Sie mindestens eine Frage davon nicht oder nur mit nein beantworten können, ist Ihr digitales Produkt wahrscheinlich nicht vollständig barrierefrei.

Sollten Sie bereits erkannt haben, dass Sie Unterstützung bei der Herstellung der Barrierefreiheit Ihrer digitalen Produkte benötigten, stehe ich gerne als Freelancer zur Verfügung. Schreiben Sie mich einfach an.


Ausblick

Um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken, werde ich in nächster Zeit einige Artikel zur Barrierefreiheit in der digitalen Produktentwicklung veröffentlichen.

Zuerst werden wir uns ansehen, was genau im Barriere­freiheits­stärkung­sgesetz steht und welche Konsequenzen dies für Unternehmen mit sich bringt. Auch werden wir prüfen, wie es aktuell tatsächlich um die Barrierefreiheit beliebter deutscher Webseiten steht. Darüber hinaus wird es natürlich auch Tipps und Anleitungen zum Erkennen und Beseitigen von Barrieren in digitalen Produkten geben.